Die ewige Parkplatzlitanei

Während sich Bern bewegt und den Atomausstieg beschliesst, verharrt Zürich im historischen Parkplatzstreit.

Parkplätze, so scheint es, sind des Zürcher Politiker liebstes Streitthema. Ich kann mich weder mit der Verteufelung von Autofahrern noch mit der Vorstellung, der Kampf für liberale Ideen sei primär über Parkplätze zu führen, anfreunden und ich frage mich, ob ich mich über den ewigen Parkplatzstreit freuen soll, weil er ein Zeichen dafür ist, wie gut es uns geht oder ob ich mich ärgern soll, weil diese Diskussion den Blick auf andere Themen vernebelt.

Im vergangenen Jahr hat der Gemeinderat u.a. diskutiert: eine neue Parkplatzverordnung, das Parkregime um den Zoo, blaue Zonen, autofreies Wohnen und die Parkplätze für die Backhuus Fischer AG und eben erst wieder einmal den historischen Parkplatzkompromiss.

Städtische Beamte, Ingenieursbüros, die IG Pelikan, die GPK und wer weiss ich noch alles zählten Parkplätze, durchschnittliche Verweildauern und Umsätze pro Parkplätze. Sie studierten, evaluierten, analysierten und prognostizierten. Die Resultate sind teilweise unterschiedlich und die Schlüsse, die daraus gezogen werden, erst recht.

Und was bringt’s? Wenig bis nichts!

Die GPK hat erstens stringent und nachvollziehbar festgestellt, dass die städtischen Behörden zwar nicht allwissend und schon gar nicht unfehlbar agierten, was niemanden wirklich überrascht, aber, und das ist das Wesentliche: Der Parkplatzkompromiss wird eingehalten.

Zweitens haben die Erhebungen immerhin gezeigt, dass zumindest in Parkhäusern genügend Parkplätze vorhanden sind, die meisten Autofahrer aber einfach nicht in einem Parkhaus parkieren möchten, sondern lieber herumfahren, bis sie einen oberirdischen Parkplatz gefunden haben.

Dieses Verhalten liesse sich über den Preis einfach steuern und ich begrüsse deshalb die Motion von Gian von Planta und Markus Knaus, die eine Lenkungsabgabe und damit eine Verteuerung der oberirdischen Parkplätze verlangen. Das ist ein marktwirtschaftlicher und liberaler Ansatz, denn für die Berechnung der Preise wären nicht Kosten massgeblich, sondern der Wert, der die Gesellschaft und Nutzer einem oberirdischen Parkplatz zumessen.

Drittens verschwindet das so genannte traditionelle Gewerbe aus der Innenstadt nicht weil Parkplätze fehlen, sondern weil sich Bedürfnisse ändern. Auch Unternehmen unterliegen einem Wandel und einer Selektion. Dieser Mechanismus heisst Marktwirtschaft und er sorgt dafür, dass ineffiziente Unternehmen oder solche, deren Angebot nicht die Bedürfnisse einer kritischen Masse trifft, verschwinden. Wenn es weniger Schuhmacher braucht, dann nicht weil der Schuhmacher vor seinem Laden keine Parkplätze bieten kann, sondern weil immer weniger Menschen Schuhe kaufen, für die sich eine Reparatur lohnt. Hinzu kommen die exorbitanten Mietkosten, die offenbar nur noch von internationalen Fastfoodketten, Modelabels oder Banken zu erbringen sind.

Eigentlich würde mich nur noch eine Zahl im Zusammenhang mit Parkplätzen interessieren: Die Kosten pro Parkplatz für Sitzungsgelder und den ganzen Diskussionen, Erhebungen, Studien und Statistiken, die durch städtische Angestellte und/oder beauftragte Planungs- und Ingenieurbüros erbracht werden.

Und welchen Schluss lässt sich daraus ziehen: Ganz offensichtlich ist der historische Parkplatzkompromiss ein gelungenes, typisch helvetisches Konstrukt, das genau auf dem Grad der mittleren Unzufriedenheit von links und rechts liegt.

Lassen wir’s für eine Weile so sein und wenden wir uns wieder anderen Dingen zu.

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