Wahlanalyse

Es ist der Tag danach. Ich beantworte Mails, Nachrichten und Postings, die ich während und nach der Wahl erhalten habe. Allen vielen Dank.

Mir geht’s gut – bis auf die leichten Kopfschmerzen, von denen ich nicht weiss, ob sie eine Folge davon sind, dass sich die Anspannung nach der Wahl löst oder doch eher der Föhnlage oder dem Weissen, den ich noch auf diversen Wahlfeiern getrunken habe, zuzuschreiben sind.

Es hat nicht gereicht. Schade. Aber Hand aufs Herz: Es wäre ein Husarenstreich gewesen, wenn’s geklappt hätte.

Das hat verschiedene Gründe:

Die Blöcke
Das scheint doch einigermassen funktioniert zu haben. Persönlich finde ich das bedauerlich – nicht nur wegen meiner Nichtwahl, sondern weil ich jetzt eine Verhärtung der Fronten befürchte und das in einer Zeit, die eigentlich Zusammenarbeit erforderte. Ganz abgesehen davon, dass die Blöcke ja nicht aufgrund gemeinsamer Wahlprogramme zustande kamen, sondern primär der Machtgewinnung und -erhaltung dienten. Ein besonderer Block in den Blöcken ist die SP, deren Kandidat generell und immer noch als gesetzt betrachtet werden kann. Wenn Stadtratswahlen zu Block- statt Personenwahlen werden, könnte man sich auch einen Wechsel auf eine Proporzwahl wie in der Stadt Bern überlegen.

Das Geld
Ich bin mir gar nicht sicher, welche Seite mehr Geld in ihren Wahlkampf gebuttert hat. Die Top5 oder die SP? Auf alle Fälle können wir da nicht mithalten. Es liegt zwar nicht am Geld allein, aber ein wenig eben doch.

Die Bisherigen
Einen Bisherigen aus dem Amt zu kippen, ist sehr, sehr schwer. Ich zweifle, ob die Kandidaten der CVP und der AL die gleichen Resultate erzielt hätten, wenn sie als Neue angetreten wären (und welche sie dann einmal erzielen sollten, wenn Geri Lauber oder Richi Wolff zurücktreten).

Der Bekanntheitsgrad
National bekannte Politiker schaffen den Einzug in die Stadtzürcher Exekutive relativ leicht. Monika Stocker beispielsweise oder Ruth Genner waren beide als Nationalrätinnen bekannt, bevor Sie den Sprung in den Zürcher Stadtrat schafften. Diese Bekanntheit führt dann dazu, dass sich diese Kandidaten einer erhöhten Aufmerksamkeit der Medien und damit der Öffentlichkeit im Wahlkampf gewiss sein können. Der Vorsprung lässt sich im Wahlkampf kaum aufholen, sondern vergrössert sich tendenziell. Wenn der Filippo mit dem Töff durch die Stadt fährt, gibt’s eine Blickgeschichte und wenn ich die letzte 33er-Fahrt vom Morgental bis zum Tiefenbrunnen mitmache, twittere ich für ein paar Follower. Die Teilnahme an einem Model-Contest, ein prominentes Elternhaus und ein Bundesrat im Komitee sind bessere Geschichten als beispielsweise vier Jahre RPK, ein unternehmerischer KMU-Background und ein ehemaliger FDP-Stadtparteipräsident als Unterstützer.

Die Verzögerung
Der Wahlerfolg in Legislativen ist kein Garant für einen Wahlerfolg in Exekutiven. Das weiss nicht nur die SVP. Auch bei den Grünen lag zwischen dem Einzug in den Gemeinderat und dem Einzug in den Stadtrat eine längere Zeitspanne. Dass ausgerechnet uns der Sprung bereits nach vier Jahren gelingen sollte, war ein ausgesprochen optimistisches Szenario.

Vor diesem Hintergrund ist das erzielte Resultat von knapp 22’000 Stimmen mehr als respektabel. Ein paar Zahlen zum Vergleich: 2010 erhielt beispielsweise Denise Wahlen 13’002 und Mauro Tuena 20’497 Stimmen, 2013 erzielte Daniel Hodel 12’185 Stimmen. Mir ist also eine deutliche Steigerung gelungen. In immerhin drei von neun Wahlkreisen habe ich die SVP-Kandidaten hinter mir gelassen, auch das ein Novum für einen glp-Kandidaten. Kurz: Wir tasten uns langsam an die Exekutive heran und ich glaube kaum, dass wir momentan ein viel besseres Resultat hätten erzielen können. Vielleicht hätte ein anderer prominenter Kopf noch ein paar Stimmen mehr geholt (oder auch nicht), sicher hätten wir mit einem höherem Wahlkampfbudget noch etwas Boden gut machen können, aber viel mehr lag wohl (noch) nicht drin. Natürlich habe ich mir ein wenig mehr erhofft. Manchmal geschehen Wunder. Dass in diesem Wahlkampf kein Verlag das Geld für eine Umfrage investieren wollte, hatte auch Vorteile: Die fehlende Information erhielt die Hoffnung am Leben und das war gut für die Wahlkampfmotivation. Denn für diese Motivation ist es wichtig, an den Erfolg zu glauben. Ich glaube, dass mir im grossen Ganzen ein guter Wahlkampf gelungen ist und ich ein glaubwürdiger Fahnenträger der glp war, die im Gemeinderat immerhin einen Sitz zulegen konnte. Klar kann man immer noch das eine oder andere besser machen, aber wesentlich anders wäre das Resultat wohl nicht ausgefallen.

Wenn die Medien nun schreiben, dass mein Resultat eine grosse Enttäuschung sei oder ich gar als Kandidat verheizt worden wäre, dann ist das inhaltlich nicht richtig, aber ein grosses Kompliment für mich – herzlichen Dank. Diese Beurteilung basiert nämlich nicht auf den vorangehenden Überlegungen und einer realistischen Einschätzung meiner Wahlchancen, sondern im Vertrauen darauf, dass ich aufgrund meines Wissens, meiner Erfahrung und meines Könnens, kurz: aufgrund meiner Person ein besseres Resultat hätte erzielen können.

4 comments to “Wahlanalyse”
4 comments to “Wahlanalyse”
  1. Hoi Sami
    Deine Wahlanalyse finde ich grundsätzlich gut! Vorsichtig wäre ich bei den Vergleichen mit vergangenen Resultaten. Erstens müsstest Du korrekterweise die Stimmbeteiligung berücksichtigen, dann hätte Mauro wohl an die 25’000 Stimmen gemacht und zweitens sind Ersatzwahlen – wo nur eine Person exklusiv angegeben werden kann – mit ordentlichen Wahlen und Mehrfachnennungen schwer vergleichbar.
    Gruss, Daniel

  2. Merci, lieber Dani, für Deinen Kommentar. Natürlich waren die Ausgangslagen verschieden (allerdings ist die Berechnung des absoluten Mehrs nicht von der Anzahl Kandidaten, sondern von der Anzahl Stimmen abhängig). Aber auch wenn man die Stimmbeteiligung und das absolute Mehr betrachtet, wird man feststellen können, dass mein Resultat deutlich besser ist als die glp-Resultate 2006, 2010 und 2013 und ungefähr dem entspricht, was Mauro vor vier Jahren erzielt hat. Kurz: Für die SVP-Kandidaten ist die Blockstrategie auf alle Fälle aufgegangen.

  3. Lieber Sami, da hast Du Recht! Und Dein Einsatz hat viel dazu beigetragen, dass wir trotz massivem AL-Gewinn im GR zulegen konnten. Herzlichen Dank!

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