Über Mobilität und Kampagnen

Tram unter der Hardbrücke

Tram unter der Hardbrücke

Heute habe ich den glp-Stand am Aktionstag Zürich Multimobil betreut. Mit Zürich Multimobil will die Stadt die Chancen und Gefahren unserer Mobilität aufzeigen und einen Beitrag zu einer umweltfreundlichen Mobilität leisten. Das Wetter war perfekt. Zahlreiche Menschen, darunter viele Familien, spazierten durch die autofreie Innenstadt. Sie schauten sich Infos an den Ständen an oder testeten umweltschonende Fahrzeuge. Bei uns spielten Kinder mit Solarautölis, während Eltern geduldig wartend einen Apfel assen. Die Stimmung war friedlich und fröhlich, kurz: ein gelungenes Fest.

Doch der Anlass fand vermutlich zum letzten Mal statt. Als der Gemeinderat 2009 einen jährlich wiederkehrenden Bruttokredit für die Aktionstage von 355’000 Franken bis 2013 beschloss, lud er den Stadtrat ein, die Wirksamkeit der Veranstaltung zu überprüfen und dazu einen Bericht vorzulegen. In diesem nun vorliegenden, öffentlichen Bericht beschreibt der Stadtrat den Anlass zwar als Erfolg, doch bezweifelt er dessen Wirkung: «Die bezüglich Änderung des Mobilitätsverhaltens erwünschte Wirkung kann mit einem punktuellen Grossanlass in dieser Art jedoch nicht in genügendem Mass erreicht werden. Denn an einem solchen Grossanlass werden vor allem Leute erreicht, die bereits stadtgerecht und umweltfreundlich unterwegs sind.» Und weiter: «Das eigentliche Zielpublikum – nämlich Leute, die ihr Verhalten noch ändern könnten – wird somit an diesen Anlässen kaum mehr erreicht.»

Ist das nur hier der Fall oder müsste man nicht generell die Wirkung und damit den Sinn von solchen Aktionen und Kampagnen überdenken? Hat beispielsweise die Kampagne «Fertig Puff» wirklich zum Rückgang der Jugendkriminalitität im Kanton Zürich beigetragen? Wird der Flyer «Kei Puff mit Wuff» zu einem friedlicheren Miteinander zwischen Hündelern und anderen Nutzern der Werdinsel führen? Die Wirkung solcher Kommunikationsmassnahmen darf und muss kritisch hinterfragt werden. Selbst der Stadtrat schreibt im erwähnten Bericht: «Ob und wie stark damit konkrete neue Verhaltensänderungen erzielt werden konnten, kann nicht gemessen werden und bleibt deshalb eine unbeantwortete Frage.» Es ist ein schwacher Trost, dass diese Problematik nicht nur eine der öffentlichen Hand ist. Schon Henri Ford stellte in den 1930er Jahren fest: «Die Hälfte meiner Werbung ist hinausgeworfenes Geld. Ich weiss nur nicht, welche Hälfte.» Die Kampagnen der öffentlichen Hand und die Werbung Fords unterscheiden sich allerdings in zwei wesentlichen Punkten. Erstens warf Henri Ford sein eigenes Geld hinaus und zweitens waren seine Anstrengungen auf einen einmaligen Akt, den Kauf eines Autos, ausgerichtet, während städtische Kampagnen oft auf eine ständige Verhaltensänderung zielen. Und das ist schwierig. Ich wünschte mir deshalb eine grössere Zurückhaltung der Stadt bei der Lancierung von Kampagnen mit erzieherischen Ansprüchen. Ich teile zwar die hehren Ziele von Zürich Multimobil (und die von so manch anderer Kampagne), bin aber davon überzeugt, dass, wenn Eigenverantwortung nicht wahrgenommen wird, mittels marktwirtschaftlicher Anreize mehr Wirkung erzielt werden kann, als durch staatliche Erziehungskampagnen.

Ein paar Denkanstösse zur Mobilität hat übrigens der liberale Think Tank Avenir Suisse vor kurzem geliefert. In einem Diskussionspapier schreiben die Autoren: «Die Verkehrsüberlastung in Städten wie Zürich oder Genf könnte durch eine City-Maut gelindert werden.» Ich bin mir ziemlich sicher, dass so das eigentliche Zielpublikum von Zürich Multimobil wesentlich besser erreicht werden kann.

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